
Stromstecker statt Benzin-Zapfhahn: Hier lässt Dr. Jochen Reidegeld die Elektronen in sein Auto fließen.
Für Dr. Jochen Reidegeld, stellvertretender Generalvikar im Bistum
Münster, gehört zur Bewahrung der Schöpfung auch ein nachhaltiger
Umgang mit Rohstoffen und Energie. Deshalb fährt er seit fünf
Monaten ein Elektroauto. Wir sprachen mit ihm über seine
Beweggründe und seine ersten Erfahrungen mit dem E-Fahrzeug.
Interview von Matthias Münch (c)
Frage: Welches Elektroauto fahren Sie?
Reidegeld: Es ist ein Opel Ampera. Das Auto habe ich im Mai gebraucht vom Autohaus
Rüschkamp in Lüdinghausen gekauft. Dessen Chef Joan Hendrik Rüschkamp schätze ich sehr
als jahrzehntelangen Förderer von erneuerbaren Energien und Elektromobilität.
Frage: Wie gefällt Ihnen das elektrische Fahren?
Reidegeld: Zuerst mal ist es ein tolles Erlebnis, ein total entspanntes Fahren. Man gleitet
dahin. Auf kurzen Strecken ist der Wagen sehr spritzig. An der Ampel könnte man die
meisten anderen Autos locker stehen lassen. Auf Langstrecken muss man seinen Fahrstil
anpassen. Man lernt sparsames Fahren.
Frage: Wie weit kommen Sie mit dem Auto?
Reidegeld: Kurz- und Mittelstrecken sind problemlos. Je nach Fahrweise und
Außentemperaturen schaffe ich zwischen 50 und 75 Kilometern. Das reicht für den
Alltagsgebrauch immer aus. In der Garage hier in Münster lade ich die Batterie in drei bis vier
Stunden wieder auf. Für längere Strecken, zum Beispiel nach Köln oder Berlin, habe ich den
Range Extender. Das ist ein kleiner Benzinmotor, der die Batterie unterwegs auflädt.
Angetrieben wird das Auto immer elektrisch.
Frage: Welche Reaktionen erleben Sie auf das Auto?
Reidegeld: Manche reagieren genauso wie ich am Anfang und denken: innen Öko, außen
Angeber. Das liegt an der schnittigen Form des Autos, das wie ein Sportwagen aussieht.
Generell sind die ersten Reaktionen sehr positiv. Doch dann kommen schnell die Bedenken
wegen mangelnder Reichweite oder langer Ladezeiten. Und die Fragen, ob diese Autos
wirklich so umweltfreundlich sind.
Frage: Was antworten Sie dann?
Wenn man jetzt nicht solche Autos fährt, die natürlich noch nicht perfekt sind, dann wird es
hier keinen Fortschritt geben. Es muss Pioniere geben, um eine gute Sache
durchsetzungsfähig zu machen. Um zum Beispiel den Weg dafür zu bereiten, dass es bald
noch bessere Elektroautos gibt und die dann auch genutzt werden.
Frage: Meinen Sie Autos wie den Nachfolger Ihres Modells, den Ampera-e, der rein
elektrisch fährt und mit einer Akkuladung fast 400 Kilometer schaffen soll?
Reidegeld: Ja genau. Mit den Elektroautos der nächsten Generationen wird die Reichweite
kein Problem mehr sein. Aber dann ist es auch wichtig, dass der Strom dafür möglichst
regenerativ erzeugt wird. Auch hier muss noch deutlich mehr getan werden. Gegen die ganze
Energiewende gibt es noch immer viel zu viele Widerstände.
Frage: Warum ist Ihnen das Thema Energie so wichtig?
Reidegeld: Weil es ein zutiefst christliches Anliegen ist. Der Umstieg auf erneuerbare
Energien ist die einzige Möglichkeit, um unsere Erde vor der kompletten Zerstörung zu
bewahren. Die Bewahrung der Schöpfung ist Aufgabe des einzelnen und der Gesellschaft.
Der übermäßige Energieverbrauch ist für uns in Europa vielleicht nur mit gewissen Risiken
verbunden. Aber in anderen Teilen der Welt sterben dafür Menschen. Bei der Ölgewinnung
werden riesige Landschaften verseucht. Die Ausbeutung der Natur geht auf Kosten der Armen.
Deshalb hat eine Änderung unseres Umgangs mit Energie eine gewaltige soziale Dimension.
Frage: Wie es aussieht, nutzen Sie Ihr Elektroauto auch als Werbeträger. Warum ist es mit
dem Schriftzug „Marathon der Hoffnung“ beklebt?
Reidegeld: Das ist noch die Werbung für die Aktion von roterkeil.net beim Münster Marathon
am 11. September. Da bin ich mitgelaufen und da haben wir Spenden für unser Netzwerk
gegen Kinderprostitution gesammelt.
Zur Person:
Pfarrer Dr. Jochen Reidegeld wurde 1969 in Greven geboren. Nach seiner Priesterweihe war
er von 1996 bis 2000 Kaplan in Olfen und danach in Senden. Bei einem Urlaub 1999 auf Sri
Lanka wurde er mit organisiertem Kindesmissbrauch konfrontiert. Als Reaktion darauf
gründete er das Netzwerk roterkeil.net gegen Kinderprostitution, wofür er 2013 das
Bundesverdienstkreuz bekam. Das Netzwerk besteht aus einer Vielzahl von Menschen, unter
anderem etliche prominente Fußballprofis, und hat Ortsgruppen in verschiedenen Städten im
Münsterland und im Ruhrgebiet. Seit 2010 ist Reidegeld stellvertretender Generalvikar des
Bistums Münster.
Matthias Münch Journalist Rilkeweg 16 48317 Drensteinfurt Telefon: +49/2508/984193 Mobil: +49/152/34100565 E-Mail: matthias.muench@web.de www.muench-journalist.de www.instagram.com/matthias.muench
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Dr. Jochen Reidegeld mit seinem Elektroauto vor dem Dom zu Münster.
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Noch ist das Elektroauto mit Werbung für die Aktion des Netzwerks roterkeil.net beim Münster Marathon beklebt
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Video geplant (über unsere Kommentarfunktion können Sie es per email schon jetzt anfordern):
Dr. Reidegeld gleitet am Steuer seines Opel Ampera über den Domplatz. Auch wenn die
Glocken nicht gerade geläutet hätten, wäre das Auto nicht zu hören gewesen.
Für uns aktive Elektroautofahrer bleibt die Frage offen, warum die Städte in NRW so zurückhaltend sind, was die Umsetzung des Elektromobitätsgesetzes betrifft. Die Busspuren-Regelung scheint einer der Knackpunkte zu sein. Auch Münster hält sich in dieser Frage bedeckt.
Bei heise.de kann man lesen: Auch die Städte in Nordrhein-Westfalen halten nicht viel von Elektrofahrzeugen auf Busspuren. Die Freigabe für E-Autos dürfe nicht dazu führen, dass der öffentliche Nahverkehr behindert wird und es zu Verspätungen kommt, heißt es beispielsweise im Essener Rathaus.